Wie in meinen letzten Artikeln schon berichtet sind Märchen regelrechte Nahrung für die Kinderseele. Die ersten Märchen sollten die sogenannten „Ammenmärchen“ sein (es gibt vom Mellinger Verlag, Stuttgart eine schöne Ausgabe mit dem Titel).
Ammenmärchen (europäischer Völker von Liane Keller mit Bildern von Charlotte Raab-Arndt), sind darin kurze und einsträhnige Märchen. Einige Märchen sind mit vielfacher Wiederholung bestückt. Diese verstehen die Kinder ab 4 Jahren gut und wachsen so in die Welt der Märchen hinein. Es sind darin z.B. enthalten:„Vom Entlein, das in die Welt gehen wollte“; „Vom Pfannkuchen“; „Von der Katze, die so viel fressen konnte“; „Fuchs Kratzefuß und die drei Bären im Walde“; „Tittymaus und Tattymaus“; „Die drei Lämmchen“..und viele andere.
Ab ca. 5-6 Jahre können dann die klassischen Märchen oder auch Zaubermärchen genannt folgen hier gibt es auch ein schönes Buch vom Mellinger Verlag Stuttgart „Erste Märchen“. Und weil sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute. 12 Märchen der Brüder Grimm mit Bildern von Ruth Elsässer. „Der goldene Schlüssel“; „Rotkäppchen“; „Der Wolf und die sieben Geislein“; „Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich“… Die Illustrationen sind sehr zurückhaltend und lassen genügend Phantasie der Kinder zu.
Die Kinder genießen die Schönheit der Sprache. Beim erzählen oder vorlesen ist es gut immer das Kind zu beobachten. Bitte dramatisieren Sie die Geschichte nicht. Die Sprache der Märchen ist klar und erzählt um was es geht.
Haben Sie selbst bitte keine Angst vor dem Wolf oder der Hexe, denn zum einen wissen Sie ja –das Gute siegt- und zum anderen wird der Wolf in der Phantasie des Kindes nur so groß wie es das Kind aushält. Auch wenn ein Kind von diesen Geschichten träumt und nachts wach wird, dann erzählen Sie am nächsten Tag wieder die Geschichte bis der Wolf weniger fürchterlich ist.
Wenn Sie jetzt denken, der Wolf steht doch jetzt unter Naturschutz und mein Kind soll nicht lernen, dass er ein böses Tier ist. Im Märchen geht es um ein Bild – der Wolf stellt das Gierige, Unersättliche dar und diese Eigenschaft kennen wir alle, weil sie in uns Menschen lebt. Es dreht sich also nicht um das Tier, welches jetzt wieder angesiedelt wird. Das brauchen Sie aber Ihrem Kind nicht erklären, Kinder können unterscheiden. Deshalb habe ich bereits in einem anderen Artikel beschrieben was helfen könnte, einen Übergang zu schaffen- wie man in das Märchenland gelangt und wie man wieder heraus kommt.
Es steckt in den Volksmärchen keine Moral, sondern vielmehr der Schicksalsweg des Menschen. Man muss die Volksmärchen als Mythen betrachten- es sind also innere Bilder die beschrieben werden.
Schauen Sie sich doch einmal „Das tapfere Schneiderlein“ an, ist es nicht sehr gewitzt und schlau- Es besiegt mehrere Riesen, ein Einhorn und ein furchteinflößendes Wildschwein…Aber das kann es eben nur mit einer gewissen Tollkühnheit und Mut. –Kennen wir nicht alle Menschen- die so handeln und durch beängstigende Situationen durchkommen….?
Meistens möchten die Kinder ein Märchen immer wieder hören. Das ist aber völlig in Ordnung, denn damit durchdringen sie das Märchen und sie verarbeiten was da erzählt wird. Oft verbinden sie sich auch mit den Helden oder mit dem Wolf beispielsweise, der ja nun bezwungen werden muss.
Denken Sie bitte daran- immer etwas Papier und Stifte für das Kind hinzulegen. Oft möchten die Kinder mit dem Malen das Gehörte verarbeiten. Manche Zuhörer möchten sich aber auch körperlich austun, d.h. sie hüpfen, springen, klettern… deshalb ist es schlau nicht gleich nach der Geschichte die Kinder ins Auto zu setzten, denn hier haben sie keinen Bewegungsspielraum.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Besuch in der Märchenwelt.
Bärbel Bitterlich
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